Unsere erste Zugfahrt in Indien führt uns nach Mumbai. Wir haben Tickets für den Sleeper gebucht und ich kann nachvollziehen warum das recht günstig ist, denn das ist nicht nur laut sondern die oberen Liegen haben ein kleines Feinstaub-Problem, wenn man so sagen kann. Allerdings schläft es sich bequemer als gedacht im Mumbai Express 12134 und über Nacht ist man 580km weiter und in der sechstgrößten Stadt der Welt. Inken hat Mumbai mit einem Rattenloch verglichen aber ich sehe zum Glück nur eine, die sich morgens am Bahnhof ein Wettrennen mit dem Taxi liefert.
Da wir früh am Morgen ankommen und noch nicht in unser Hotelzimmer kommen, schauen wir uns den Sonnenaufgang am Gateway of India an. Das war tatsächlich eine entspannte Art die Stadt zu begrüßen die, je nachdem welche Quelle man heranzieht, 12-18 Millionen Einwohner hat. Wir frühstücken im Café Leopold’s (Shantaram lässt grüßen), versuchen einen guten Preis für Mangos auf dem Crawford Market herauszuschlagen, leider ohne Erfolg und trauen uns in den ersten Indischen Schnellimbiss ohne uns den Magen zu verderben – yeah. Am nächsten Tag beobachten wir das sonntägliche Cricket-Spektakel, machen einen langen Spaziergang entlang des Marine Drive, vorbei am Chowpatty Beach an dem man lieber nicht baden sollte, denn hier „endet“ die Kanalisation von Mumbai und besuchen die Haji Ali Moschee, die nur durch einen kleinen Weg mit dem Festland verbunden ist und während der Flut zu einer Insel wird.
Am Tag unserer Abreise machen wir eine Slum-Tour, was für mich eine der interessantesten Erinnerungen an Mumbai ist. Anfangs war ich sehr skeptisch, denn ich hatte keine Lust den „Elendstouristen“ zu spielen aber dank Inken und meiner Neugier wollte ich die Möglichkeit nutzen um zu verstehen wie ein Slum aussieht und funktioniert. Mit der Organisation Reality Tours & Travel hat man die Chance Dharavi, den größten Slum Asiens zu sehen. Die Schätzungen der Einwohnerzahlen liegen irgendwo zwischen 600.000 und 1 Millionen Menschen die hier nicht nur wohnen, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaft in Mumbai leisten. Hier wird zum Beispiel Plastik gesammelt, sortiert, geschmolzen und zu Granulat verarbeitet um es an die Fabriken weiterzuverkaufen. Das Gleiche gilt für Metall oder die Aufarbeitung von alten Öl- oder Lackfässern. In Dharavi wird auch Leder gegerbt und verarbeitet und da man das mit dem Markenschutz in Indien nicht so genau nimmt, könnte man im Shop auch die eine oder andere Louis Vuitton Tasche erwerben. Sie sind sogar dabei ein eigenes Label zu entwickeln um original Dharavi-Taschen zu entwickeln, was ich persönlich ziemlich cool finde. Weiter geht es durch die Hinterhöfe in denen die Frauen Papadams herstellen die verpackt und verkauft werden, vorbei an der Töpferei und zum Abschluss schauen wir uns das Community Center an, was Reality Tours & Travel mit den Einnahmen aus den Touren betreibt. Hier werden Weiterbildungskurse und Nachhilfe angeboten oder alles andere was den Kindern aus dem Slum Spaß macht. Wir platzen zum Beispiel direkt in eine Tanzstunde für die Mädels, während die Jungs lieber draußen Cricket spielen. Der Besuch hier war also eine gute Entscheidung, denn für mich war Slum immer gleichbedeutend mit Dreck, Wellblechhütten und hungernden Menschen aber was ich von Dharavi gesehen habe, ist eher einfacher Wohnraum als Elendsquartier und teilweise sauberer als andere Ecken in Mumbai. Ich will damit nicht sagen die Menschen hier hätten ein einfaches Leben aber viele Dinge sind eben doch in der Realität anders als man es sich vorstellt und mir war nicht bewusst, dass dieser Slum ein so durchaus wichtiger Bestandteil dieser Stadt ist. Wer sehen will wie Dharavi so aussieht, der sollte sich den Film Slumdog Millionaire anschauen, der wurde nämlich unter Anderem hier gedreht.
Auf dem Weg zurück in die Stadt machen wir halt am Dhobi Ghat, der sogenannten Waschmaschine von Mumbai. Hier wird ein Großteil der Wäsche aus den Hotels und Krankenhäusern von Mumbai per Hand gewaschen, was so einige Kilo sein dürften.
Mumbai ist voll, laut, dreckig und zusammen mit der hohen Luftfeuchtigkeit und Temperaturen über 30°C einfach mal ziemlich anstrengend. Man hat aber Indien nicht gesehen, wenn man keine der riesigen Städte besucht hat aber ich bin froh, dass wir nicht allzulange hier bleiben. Am Nachmittag geht es für uns weiter in Richtung Rajasthan aber nicht ohne eine weitere Lektion in Sachen „How to survive India“ zu lernen: wenn jemand im Reisebüro sagt zum Bahnhof wären es nur 20 Minuten mit dem Taxi, dann muss das nicht unbedingt stimmen. Man sollte sich lieber nochmal informieren um sich eine wilde Taxifahrt mit diversen Geschwindigkeitsüberschreitungen und viel Gehupe zu ersparen – danke lieber Taxifahrer mit deinem Gästebuch, you saved our a**.
Reiseinformation von Goa nach Mumbai
Es gibt einen Nachtzug der täglich von Madgaon nach Mumbai CST, den 12134 Mumbai Express:
– Abfahrt: 18:50 MAO 580km
– Ankunft: 04:25 CST
– Entfernung: 580km
– Preis: 530 INR pro Person (Sleeper Class, Taktal Ticket)