Man sagt ja über Indien, dass man es entweder liebt oder hasst. Mit war schnell klar, dass ich wohl zu der ersten Gruppe gehören werde, ich fand unsere Zeit hier großartig.
Indien ist ein Land der Extreme: riesengroß, wahnsinnig viele Menschen, das Land mit der höchsten Kinderarbeitsquote, einerseits arm und andererseits eine auftrebende Wirtschaftsmacht. Hier klafft eine große Lücke zwischen den vielen hochqualifizierten Menschen in einigen großen Städten und den Menschen, die mit Ochsenkarren für ein Paar Rupien auf dem Feld arbeiten. Das teuerste Haus der Welt steht mitten in Mumbai während sich in der gleichen Stadt einer der größten Slums von Asien befindet. Ein Studium und ein guter Job ändern Nichts daran, dass deine Eltern wahrscheinlich schon lange entschieden haben wen du heiratest. Während der Straßenlärm manchmal kaum zu übertreffen ist, kann man in der Wüste die völlige Stille genießen oder einfach den Lärm der Autos gegen den Lärm der Zikaden im Dschungel eintauschen.
In Indien steigt man in einen Zug und über Nacht gelangt man in eine andere Welt. Da gibt es die entspannten Bewohner Goas oder die sehr gastfreundlichen Wüstenkinder in Rajasthan die teilweise noch heute als Nomaden durch die Welt ziehen und sich ihren Lebensunterhalt mit Musik verdienen. Oder die großen kräftigen Panjabi mit den bunten Turbanen die immer ein Lächeln für dich überhaben. Vielleicht trifft man auch auf einen Khasi im Nordosten der dir sagt „Zeit spielt keine Rolle, was interessiert mich welcher Tag heute ist? Es gibt im Leben soviel wichtigere Dinge.“ Und dann sind da noch die unzähligen nervigen TukTuk-Fahrer die man nur schwer wieder los wird aber die es im Notfall schaffen werden, dich noch rechtzeitig zu deinem Zug zu bringen.
Indien bedeutet Spiritualität und auch das kann man an jeder Ecke spüren und irgendwie ist es immer anders. In den heiligen Städten des Hinduismus wimmelt es von Pilgern die Blumenkränze in die Tempel bringen aber auch von Sadhus, die ihre Spiritualität gerne für ein bezahltes Photo „vorzeigen“. Jeder Sikh möchte einmal in den Goldenen Tempel nach Amritsar, Buddhisten kommen in den Norden um zu sehen wie der Dalai Lama hier im Exil lebt und die Menschen in der Wüste oder im Dschungel leben vor allem im Einklang mit der Natur. Nicht ohne Grund kommen jährlich tausende von Menschen hierher um sich selbst zu finden, sei es bei einem Yoga Guru, während eines Meditations-Seminars oder indem sie sich einfach nur treiben lassen.
Während einer Zugfahrt wurde ich von einem netten älteren Mann gefragt, was mir am meisten an Indien gefallen hat und die Antwort war sehr einfach: die Farben. Die Ghats in Amritsar am frühen Morgen in orangenes Licht getaucht, das Meer und der weiße Strand in Goa, der pinke Sandstein in Jaipur, wenn die Sonne über der Wüste untergeht, blau gestrichene Häuser in Jodhpur und das satte grün in Cherrapunje was einen komplett umgibt. Und natürlich die Frauen in ihres Saris und den bunten Armreifen.
Hier trifft irgendwie Alles aufeinander und das macht es so spannend und gleichzetig auch so aufreibend.
Indien ist anders als alles was man kennt und wahrscheinlich deshalb so einmalig. Für mich steht fest, dass ich wiederkommen werde um mich nochmals diesem Chaos auszusetzen und dabei die vielen anderen Teile dieses Landes zu erleben.