Wir waren gewarnt, Varanasi gilt sicherlich nicht als eine der entspannten Städte Indiens und neben dem krassen Verkehr, dem Dreck, den Kühen und Kuhhaufen in der Altstadt (besonders interessant nachts bei Stromausfall) wird einem das Leben durch die geschäftstüchtigen Inder schwer gemacht.
Varanasi ist eine der sieben heiligen Städte, Touristen sind an der Tagesordnung und darum kann man nicht ein paar Schritte auf der Straße gehen ohne dass einem jemand hinterherruft: „Hello Friend, you like TukTuk? TukTuk? You want TukTuk? Hello, TukTuk?“ Zusätzlich buhlen die Fahrradrikscha-Fahrer um deine Gunst und sobald man es wagt am Ganges kurz stehenzubleiben, geht es da weiter: „Boat? You want boat? Boat Boat boat? Boat Sir?“ Manchmal ist man versucht laut zurückzuschreien: „Nein man, wenn ich ein Boot wollte würde ich danach fragen!“ Stattdessen ignoriert man (hilft aber nicht) oder sagt mit einem freundlichen Lächeln Nein. Die Lieblingsbegebenheit ist immer noch ein Bootsführer der uns sieht, extra anlegt während wir ihn schon seit 5 Minuten ignorieren, uns schwitzend hinterherläuft um dann stehenzubleiben um ungefähr das zwanzigste Mal „Boat?“ zu fragen. Nachdem wir ablehnen fragt er „Haschisch?“. Danke, auch das nicht aber vielleicht einfach ein bisschen Ruhe?
Trotz allen oben genannten Umständen, ist ein Besuch in Varanasi aber zu empfehlen. Der Ganges ist gesäumt von den so genannten Ghats, treppenartigen Uferbefestigungen an denen man entlangspazieren kann um zu erleben, wie die Inder mit diesem Fluß leben. Ein Bad im Ganges in Varanasi bedeutet, sich von seinen Sünden reinzuwaschen, deswegen wird hier fleißig geplanscht (und Wäsche gewaschen und und und). Zudem werden viele Indische Familien versuchen die Asche von verstorbenen hier in den Ganges zu streuen. Hier zu sterben bedeutet, aus dem Kreislauf der Wiedergeburt auszubrechen. Deswegen kommen viele alte Menschen nach Varanasi um zu sterben und es vergeht kein Tag, an dem man nicht jemanden mit einem kahlgeschorenen Kopf sieht oder in weiß gekleidete Hindus, beides Bestandteile des Trauerprozesses in Indien. Es gibt sogar Ghats an denen ausschließlich Verbrennungen stattfinden und glaubt mir, eine brennende Leiche zu sehen hinterlässt schon ein eigenartiges Geühl in der Magengegend. Nur kann es eben auch passieren, dass man dabei zugequatscht wird, in der Hoffnung auf ein paar Rupien für den Redeschwall und die Hintergrundinformation oder so.
Diese Stadt ist also nichts für schwache Nerven aber vielleicht auch gerade deswegen so faszinierend. Dieses kleine Gewirr an Gassen, das Licht morgens an den Ghats und das Gewimmel der Menschen hat uns definitiv in seinen Bann gezogen und ist einzigartig in Indien. Da kann man schon mal auf einen Saddhu treffen der einen auffordert ein Photo zu machen „I’m holy man – take a picture“ aber natürlich nur gegen ein paar Rupien. Ich frage mich ob die Einnahmen aus dem Photobusiness denn auch holy genug sind aber hey, die werden das schon wissen.
Varanasi war vorerst unsere letzte Station in Indien, ein aufregender Abschied also und nochmal die volle Packung Indisches Chaos zum Schluss.
So kann man sich direkt auf die nächste Station freuen: Auf nach Nepal!
Reiseinformationen Varanasi nach Kathmandu:
Seit März 2015 gibt es eine staatliche Busverbindung zwischen Varanasi und Kathmandu ohne dass man an der Grenze den Bus wechseln muss.
– India Nepal Friendship Bus
– Abfahrt: 13:00 am Busbahnhof in Varanasi (ein paar Meter vom Bahnhof)
– Ankunft: 04:30 in Kathmandu (an der Bushaltestelle bei der Swayambhunath) // in Sunauli waren wir so gegen 22:00 zum Grenzübertritt
– Entfernung: 581 km
– Preis: 1.353 INR pro Person